Am 3. Dezember luden wir zur letzten IMMOCOM-Immobilienveranstaltung im Jahr 2020 ein. Beim Stuttgarter Immobilientag, der als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt wurde, fokussierten die versammelten Experten live vor Ort und via Zuschaltung aus dem Home Office auf den Immobilienmarkt der baden-württembergischen Landeshauptstadt.
Die Teilnehmer der Präsenzveranstaltung bedankten sich in so gut wie allen Panels für den Mut der IMMOCOM, die Veranstaltung unter den aktuellen Begebenheiten verantwortungsvoll durchzuführen und wichtige Diskussionen zu ermöglichen.
Wohnungsmarkt Stuttgart im Fokus beim Stuttgarter Immobilientag
So drehte sich beim zweiten Panel der Veranstaltung alles um den Wohnungsmarkt Stuttgart. Kristina Müller, Teamleiterin Account Management Developer & Commercial bei ImmoScout24, steckte in einem kurzen Vortrag aus ihrem heimischen Büro die Lage eindrücklich ab. So seien die Mieten von 2007 bis 2020 um ganze 68 Prozent angestiegen. Damit bewege sich Stuttgart nahezu auf Münchner Niveau. Der teuerste Stadtteil sei Stuttgart-West, wo 19,82 Euro pro Quadratmeter aufgerufen würden. Am günstigsten zur Miete leben die Stuttgarter in Steinhaldenfeld mit 13,35 Euro pro Quadratmeter.
Bei den Eigentumswohnungen seien die Preise in den letzten 13 Jahren um ganze 168 Prozent angestiegen. Damit wird München mit „nur“ 160 Prozent sogar überflügelt. In Frauenkopf zahlt man den höchsten Quadratmeterpreis für eine Eigentumswohnung: 8.991 Euro. Am billigsten kann man Eigentum in Giebel erstehen, wo „nur“ 5.728 Euro pro Quadratmeter fällig werden. Doch was macht das Wohnen in Stuttgart so teuer?
Keine Wohnungsnot, aber Wohnungsknappheit
Peter Hasmann, Vorstand der Baugenossenschaft Bad Cannstatt, sah eine klare Gemengelage aus Mangel sowie stetig steigenden Kosten als Hauptproblem und bescheinigte Stuttgart zwar keine Wohnungsnot, dafür aber auf jeden Fall eine Wohnungsknappheit. Marc Bosch, Mitglied der Geschäftsleitung Wüstenrot Haus- und Städtebau Gmbh, konkretisierte die Aussagen und führte die Knappheit an Grundstücken, deren steten Preisanstieg und die zunehmende Verteuerung des Bauens ins Feld. Hier sei „ein Ende der Fahnenstange absehbar“.
Gerade das Thema der Flächenknappheit bewegte die lebendige Runde sehr. Wie Carsten Rutz, Vorsitzender des Vorstandes Deutsche Reihenhaus AG, einwarf, würden die meisten der zur Verfügung stehenden Flächen meist in privater Hand liegen. Diese würden fast ausschließlich meistbietend veräußert, was den Preis für neue Wohnungen in jedem Fall treibe. Ganz abgesehen davon, wie Antonius Kirsch, Niederlassungsleiter Stuttgart BPD Immobilienentwicklung GmbH, feststellte, dass viele dieser Privatpersonen ihre Grundstücke gar nicht veräußern wollen, weil für sie nicht klar sei, was sie dann mit dem Geld machen sollen.
„Wohnen wird Chefsache“
Dieses Zitat betreffend sei laut Peter Hasmann in den letzten zehn Jahren in Stuttgart nicht viel passiert. Wobei er den Schwarzen Peter nicht dem neuen Stuttgarter Oberbürgermeister zuschieben wollte, sondern eher der Verwaltung. Als Genossenschaftler begrüßte er zumindest den Gedanken, „dass Stuttgarter Baugenossenschaften nach Jahren auch wieder die Chance bekommen, Grundstücke zu erwerben. Es wurden über viele Jahrzehnte über den Höchstpreis die Grundstücke vergeben, da können Genossenschaften, die bezahlbaren Wohnraum bieten, nicht mitspielen.“
Die Stadt müsse sich dementsprechend klar werden, welche Klientel sie bedienen möchte. Immerhin liefe Stuttgart Gefahr, zur Stadt der Reichen und Armen zu werden, weil sie den Mittelstand, für den bezahlbarer Wohnraum elementar sei, seit Jahren vernachlässigt habe.
Auch am Baurechtsamt übte die Runde große Kritik. Hier müsse an der Kultur des Arbeitens und Denkens gearbeitet werden. Das Baurecht müsse zudem dringend entschlackt werden. Letzten Endes müsse endlich abgeklärt werden, wohin die Stadt will. Will sie wirklich folgendem Konzept folgen:
Innenentwicklung vor Außenentwicklung?
Marc Bosch erteilte diesem Ansatz eine klare Abfuhr. Die daraus entwickelten Produkte würden immer teurer werden. Bezahlbares Wohnen sei ohne ein Ausweichen in die Außenbezirke/die Region nicht möglich. Das unterstrich Carsten Rutz und empfahl: „Nicht in Stadtgrenzen denken, sondern in Regionen.“ Grundlage für sinnige Entwicklungen sei dann aber unbedingt eine funktionierende Infrastruktur (sowohl in Sachen Mobilität als auch technisch gesehen). Nur so entstehe die Bereitschaft ins Umland zu gehen.
Bianca Reinhardt Weith, Niederlassungsleiterin Instone Baden-Württemberg, sieht vor diesem Hintergrund vor allem Potentiale in der Nähe des S-Bahnnetzes. Daran würden sich aktuell sowohl die Bauträger als auch die Menschen, die Wohnungen suchen, orientieren.