Beim Ruhr Immobilientag 2023 von IMMOCOM am 09. November war die Stimmung im Brauturm des Dortmunder U wie derzeit branchentypisch eher durchwachsen. Zur Einstimmung gab Stefan Heselschwerdt von Drees und Sommer einen Überblick, der sich vor allem auch auf die im Ruhrgebiet nötige Blickrichtung zum S und G aus ESG fokussierte. Als Region im Wandel gehören dazu auch die Erschließung neuer Assetklassen wie Rechenzentren, Schulen und Universitäten oder Labore und Life Science-Einrichtungen, um das Ruhrgebiet für die Zukunft zu rüsten.
Moderator Ulrich Nagel von Una Immobilien-PR führte durch die beiden einstündigen Panels, besetzt mit hochkarätigen Akteuren der lokalen Wirtschaft und Politik. Zunächst stand die aktuelle Lage der Metropolregion im Fokus. Offenbar waren auf der EXPO REAL auch internationale Investoren am Ruhrgebiet interessiert, sodass man sich nicht allein auf die heimischen Akteure stützen muss. Eine Transformation von Büroflächen zu Schulen, wie sie auch der Einführungsvortrag schon präsentiert hatte, wurde von Daniel Hartmann von RUHR REAL als sinnvolle Möglichkeit ins Spiel gebracht. Gerade vor dem Hintergrund der nicht mehr vorhandenen Rohstoffe der Region, da die Kohle kurzfristig ausscheidet, sei die Ressource Bildung noch nicht weit genug in das Blickfeld der Investoren gerückt.
Prestigeprojekte als Anker und Zugpferd?
Im Vergleich zu Hamburg fehlt im Ruhrgebiet bislang ein echtes Prestigeprojekt, das sowohl Arbeitsplätze als auch Investitionskapital anzieht. Ob dies denn wirklich nötig sei oder auch mehrere Revitalisierungen einen ähnlichen Effekt erzielen könnten, war eine Frage an das Panel. Stefan Heselschwerdt verwies dazu auf das ehemalige Opel-Areal in Bochum, das einen vollständigen Wandel vollzogen hat, als Beispiel für größere Ankerprojekte im Revier.
Auch die Klimaziele der Bundesregierung waren selbstverständlich Thema. Kathrin Manthei von der Gebag Duisburger Baugesellschaft machte klar, dass auch im Ruhrgebiet die Bestandssanierung der Schlüssel ist. Allein mit ressourcenintensivem Neubau ließe sich eben keine klimaneutrale Immobilienlandschaft schaffen. Dabei sei eine wirtschaftliche Refinanzierung über die generell niedrigen Mieten im Ruhrgebiet praktisch nicht möglich. Gleichzeitig laufen die besten Lagen auch am besten. Diese leisteten dann wiederum keinen nennenswerten Beitrag zum bezahlbaren Wohnraum, wie Martin Menrad von PROPOS feststellte, die derzeit mit Prestigeprojekten in den begehrten Ruhrgebietslagen Essen-Kettwig und Essen-Bredeney von sich reden machen.
Für die Bürolandschaften zeichnete Daniel Hartmann ein positiveres Bild. So würden viele Mieter ihre Flächen reduzieren und könnten dadurch trotzdem einen Mietsprung um 80 Prozent im Büroneubau verkraften. Tobias Fuchs von der Landmarken AG verwies auf Aspekte der Wirtschaftlichkeit beim Neubau: Parkhaus statt Tiefgarage und keine spekulativen Grundstückspreise seien entsprechende Hebel, um die Baukosten zu senken. 20 Euro pro Quadratmeter Bürofläche seien auch im Ruhrgebiet schon möglich.
Große Fördertöpfe der öffentlichen Hand als Hebel
Moderater Ulrich Nagel erkundigte sich bei Benjamin Legrand von der Business Metropole Ruhr nach der Notwendigkeit einer Art „Ruhr-Soli“, um das Ruhrgebiet ähnlich zu Leipzig oder Dresden zu einer modernen und lebenswerten Wohnregion zu gestalten. Von Subventionen oder Hilfen für das Ruhrgebiet wollten die Menschen nichts mehr hören, hielt der entgegen. Gleichzeitig sind Bahnhöfe, Schulen und Straßen in schlechtem Zustand. Ohne staatliche Hilfen wird es wohl gerade im Bereich der Infrastruktur nicht gehen.
Im zweiten Panel zur Stadtentwicklung war Horst Fischer von der Internationalen Gartenausstellung (IGA), die 2027 im Ruhrgebiet stattfindet, anderer Meinung. Die Fördermittel gerade aus der EU müssten genutzt werden. Sie seien vorhanden und sollten den Zwecken dienen, die im Ruhrgebiet häufig zu finden seien. Projekte wie die IGA sind dabei besondere Zugpferde, die durch ihre langfristig angelegten Garten- und Parkanlagen Standorte aufwerten, die bislang als eher uninteressant galten.
Diese zweit- oder drittklassigen Lagen werden im Ruhrgebiet immer wieder auch von Genossenschaften bedient. Florian Ebrecht vom Spar- und Bauverein Dortmund bietet derzeit eine Durchschnittsmiete von etwas über fünf Euro pro Quadratmeter. Gleichzeitig sind viele seiner Mieter trotzdem nicht in der Lage, Mietsteigerungen von mehr als einem Euro zu verkraften. Dadurch existieren große Lücken in den Kassen der Genossenschaft, sodass die Bestandssanierungen deutlich langsamer als politisch gewollt vollzogen werden können.
Wünsche an die Politik
Zum Abschluss konnten die Panelisten Wünsche an die Verwaltung und die Politik richten. Könnte einer davon das Ende des Mietspiegels sein? Dieser wurde allgemein als politisches Instrument mit zu starrem Reglement bezeichnet. Die Miete steige nicht im Verhältnis zum Einkommen. Aber auch andere Probleme — die meisten seit Jahren bekannt — wurden benannt. Daniel Korschill von Bonava dazu knapp: „Die Landesbauordnungen müssen weg.“
Ob der Wohnungsbaugipfel und die dort beschlossenen Maßnahmen ein ausreichender Hebel sind, bleibt abzuwarten. Politik und Verwaltungen sollten jedenfalls einen Service bieten und diesen nicht von den Projektentwicklern erwarten, so Daniel Korschill. Auch die Baugenehmigungen dauerten zu lange, sodass die Verluste durch über Jahre unbebaute Grundstücke eben am Ende wieder reingeholt werden müssten, so Benjamin Rüther von der Catella Real Estate AG, der auch die Ergebnisse der Studie zur Wohnkostenquote in Europa aus seinem Haus erläuterte. So gebe es kulturelle Unterschiede in Bezug auf die in Deutschland verteidigten 25 Prozent des Haushaltseinkommens.
Fazit des Abends: Das Ruhrgebiet befindet sich auf einem zweischneidigen Weg. Gute Lagen boomen und werfen auch die benötigten Erträge ab. Gleichzeitig gibt es eine große Bevölkerungsschicht, an denen der Wohlstand der vergangenen Jahrzehnte vorbeigezogen ist und die steigende Mieten schlicht nicht stemmen können. Großprojekte wie die IGA ziehen Firmen und Investoren an. Trotzdem bleibt das Ruhrgebiet eine Region, die noch längere Zeit eher nicht zu den Glanzpunkten der Republik gehören wird.
von Benno Schwaderlapp
Einige Impressionen von dem Ruhr Immobilientag 2023
Ruhr Immobilientag 2023: Partner und Sponsoren
Den Ruhr Immobilientag 2023 konnten wir vor allem auch aufgrund unserer großartigen Sponsoren und Partner so erfolgreich präsentieren. Wir wollen uns darum an dieser Stelle herzlich bedanken bei: